26. Kasseler Jugendsymposion »Fragilität - robust«
8. bis 11. Dezember 2022
Die Erfahrung der weltweiten Pandemie, des Klimawandels und der ökologischen Krise, wiederkehrende globale Wirtschafts- und Handelskrisen, die Einsicht, in welchem Ausmaß auch vermeintlich stabile Demokratien ständig in Gefahr sind, in autoritäre Systeme abzugleiten, die offenkundigen Orientierungsschwierigkeiten angesichts eines informationellen Überangebots sowie die Erkenntnis, dass aus konstruktivem Austausch sehr schnell erbitterte Positionskämpfe werden, wenn Gesprächsfäden abreißen – all dies setzt uns momentan in dramatischer Weise der Erfahrung der Fragilität aus. Eine unüberschaubare Vielzahl von Lebenskonzepten und Weltanschauungen sowie das Empfinden, in einer zunehmend fragmentierten, kontingenten Welt zu leben, führen vielfach auch zu fundamentalen Zweifeln an der Konstanz der eigenen Identität sowie dem Vermögen, wirksam und gestaltend an lebensnotwendigen gesellschaftlichen und ökologischen Transformationsprozessen teilnehmen zu können.
Diese umfassende Erfahrung der Fragilität nicht nur defizitär, sondern als Potential zu erleben, ist das zentrale Anliegen des Jugendsymposions im Dezember 2022, das unter dem Titel „Fragilität - robust“ tagen wird.
Fragilität als Basis eines robusten Selbst- und Weltverhältnisses zu erfahren setzt eine philosophische Grundhaltung voraus, die sich nicht auf vermeintlich unumstößliche, essentielle Sicherheiten abstützt, sondern sich umgekehrt gerade in der fortwährenden Ausbalancierung des eigenen Standpunktes innerhalb einer fluiden Welt als robust erweist. Nicht in der Selbstbehauptung durch Machtgebaren gegenüber der natürlichen Umwelt, den Mitmenschen sowie den eigenen inneren Abgründen oder in der Behauptung vermeintlicher Gewissheiten wird dann das Mittel zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen gesehen - vielmehr zeigt sich Robustheit gerade in der Fähigkeit zu fortwährenden Perspektivwechseln, zum Aushalten von Ambiguitäten und in der Spontaneität im Ergreifen aktueller Handlungsoptionen.
Vorträge
Heinz Bude
(Professor für Makrosoziologie, Universität Kassel)
Vortrag: Antisemitismus und postkoloniale Debatten
Christine Figgener
(Meeresbiologin, Direktorin für Wissenschaft und Bildung der Footprint Foundation, USA)
Vortrag: Die Fragilität des Ökosystems unserer Meere
Florian Lutz
(Intendant, Staatstheater Kassel)
Vortrag: Zur Fragilität des Augenblicks auf der Bühne
Michael Hampe
(Professor für Philosophie, ETH Zürich)
Vortrag: Die dritte Aufklärung
Gerhard Trabert
(Notfallmediziner, Professor für Sozialmedizin und Sozialpsychiatrie, Hochschule RheinMain)
Vortrag: Soziale Fragilität: Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht
Katharina Ohana
(Sozialphilosophin, Psychologin, Autorin)
Vortrag: Der Mensch zwischen Krise und Kreativität
Seminare + Trainings
S1 Schwachstellen scharf stellen – Systemkritik aus philosophischer und wirtschaftlicher Perspektive
Onno Mengdehl/Laetitia Wendt
S2 Demokratie und Menschenrechte
Béla Sammet/Martin Mühl
S3 Zerbrechliche Privilegien und weiße Tränen
Marcus Oberreuter
S4 Fragilität als Risiko und Chance
Peter Lutzker
S5 Resilienz
Beate Spehr-Bechinger
S6 Logistics – is there really a way for a Human?
Denys Korniyenko
S7 Schnelles Denken, langsames Denken
Axel Ziemke
T1 Meine Werte in der Gruppe – Ein Weg zur kollektiven Entscheidungsfindung
Onno Mengdehl/Laetitia Wendt
T2 Fragile und robuste Argumente – Philosophisches Argumentationstraining
Béla Sammet/Martin Mühl
T3 Gewaltfreie Kommunikation
Marcus Oberreuter
T4 Poetry in Performance/Dichtung als Performance
Peter Lutzker
T5 Kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit
Nathan Otto/Wieland Witzel
T6 Wie lernen Maschinen
Robert Neumann
T7 Arabischkurs
Mohamed Sultan
T8 Experimentelles Arbeiten
Karoline Zorbas
Theaterbesuch/Nachtcafé
Theaterbesuch: Etwas besseres als den Tod finden wir überall ( UA )
Am Freitagabend besuchen wir das Kasseler Staatstheater, wo wir nach einer Einführung das Stück Etwas Besseres als den Tod finden wir überall sehen werden. »Wer singt, der ist nicht tot.« Esel, Hund, Huhn und Katze schließen sich zusammen und verschreiben sich dem Klima- und Klassenkampf. In einer ausgelassenen Umsturzphantasie feiert der Dramatiker Martin Heckmanns den Übermut, die Widersprüche und die Auseinandersetzung in einer angstgeprägten und krisengebeutelten Zeit. Von der Regisseurin Friederike Heller als Singspiel inszeniert, erleben wir Zuschauer*innen auf der Bühne eine ereignishafte Reise voller Abgründigkeit und zugleich voll feinem Humor.
Nachtcafé
Am Samstagabend wird die Möglichkeit geboten, in entspannter Atmosphäre mit den Vortragenden, Dozent*innen, Veranstaltern und anderen Teilnehmer*innen ins Gespräch zu kommen und inhaltliche Aspekte des Symposions weiter zu vertiefen.
Ablauf der Veranstaltung
Die Veranstaltung findet an vier Tagen statt. An jedem Tag gibt es einen bzw. zwei Vorträge mit anschließender Aussprache. Außerdem wählt jede*r Teilnehmer*in ein Seminar und ein Training. Training und Seminar bestehen aus jeweils drei Einheiten.