29. Kasseler Jugendsymposion »Utopie – produktiv«

9. bis 12. Mai 2024 in Kassel

Manchmal haben wir den Eindruck, dass die Zukunft direkt vor der Tür steht. Wir können sie förmlich mit Händen greifen. „Das ist doch utopisch!“– schallt es uns dann mit dem Unterton der Empörung entgegen, obwohl wir das ganz sichere Gefühl haben, der Zukunft vertrauen zu dürfen. Wir malen uns eine Zukunft aus, die mehr ist als nur die Fortsetzung der Gegenwart. Wir denken das ganz Neue, das Unverfügbare, das noch nie Dagewesene.

Der Philosoph Ernst Bloch spricht vom „Prinzip Hoffnung“ und meint damit das Vermögen des Menschen zur „konkreten Utopie“. Diese Art von Utopie ist das genaue Gegenteil eines naiven Optimismus, der die Widersprüche einer immer komplexer werdenden Wirklichkeit ignoriert. Eine solche produktive Utopie erschöpft sich nicht in illusionären Wunschvorstellungen oder einem aufgesetzten „positiven Denken“. Sie versteht sich vielmehr als Prozess der Verwirklichung dessen, wofür es sich zu leben lohnt. Die produktive Utopie fasst das Leben und die Welt als spannendes Experiment auf, bei dem das Zukünftige tastend hervorgebracht wird. Die „Kraft, sich zu verwundern und das Gegebene so wenig selbstverständlich zu finden, dass nur seine Veränderung einzuleuchten vermag“ (Ernst Bloch) ist ihr Antrieb, ihr Bewegungsmittel ist die Phantasie, der Sinn für das Mögliche. Ihr Fundament bildet jedoch die Zuversicht, das gelassene Voraussehen auf die Zukunft. So betrachtet ist die Utopie als zukunftsoffene Imagination das freiheitliche Gegenstück zur starren Ideologie, die vorgibt, für alle Probleme eine ein für alle Mal feststehende Lösung zu haben.

In einer Zeit unabsehbarer Komplexität und unvergleichlicher gesellschaftlicher, politischer und ökologischer Herausforderungen sind zukünftige Entwicklungen kaum mehr realistisch prognostizierbar. Verbindliche Maßstäbe drohen zunehmend verloren zu gehen. Damit ist die Fähigkeit zur produktiven Utopie umso mehr vonnöten. Sie ist von der Einsicht getragen, dass Veränderungen im Leben unvermeidlich, aber gestaltbar sind.