27. Kasseler Jugendsymposion »Zwischentöne – neu«

8. bis 11. Juni 2023

Es gibt Grundtöne unserer Existenz, auf denen die Melodie unseres Lebens erklingt. Diese werden - vor allem, wenn in krisenhaft erlebten Zeiten das Konzert der öffentlichen Meinungsbildung gespielt wird - mitunter von Paukenschlägen begleitet, welche zwar sehr einfachen Akkorden einen forcierten Rhythmus verleihen, die Exposition von Themen aber übertönen.

Dabei rufen uns zahlreiche Ereignisse in ihrer Komplexität gerade dazu auf, Einsichten auszudifferenzieren und Ambiguitäten zuzulassen. Die fragende Ausrichtung unserer Erkenntnis muss durch eine Haltung ergänzt werden, die überraschende und nie gehörte Intervalle entstehen lässt. Vielerorts wird gerade aus dem Dazwischen das Neue.

Oftmals polarisierende Diskussionen über die Frage, ob die Aussagekraft kollektiver Erfahrungen stärker ist als die individueller Wahrnehmungen und Empfindungen, prägen den Alltag von Schule und Universität. Die spannungsreiche Aufgabe, Rohstoffe technisch zu nutzen und die Erde dennoch als lebende Biosphäre zu begreifen, begleitet uns fortlaufend. Wertschätzung der Anderen und Verantwortung für das Eigene rufen uns auf, uns immer wieder neu zu uns selbst zu stellen.

Klischees und Stereotype scheinen in solch verworrenen Situationen Sicherheit zu vermitteln, indem sie Teilaspekte und Halbwahrheiten zu ideologischem Nutzen verabsolutieren und vermeintlich unbezweifelbare Werturteile ermöglichen. Gegen diese Art von falschen Eindeutigkeiten gilt es, auch die Disharmonie von Zwischentönen aushalten zu lernen, um möglicherweise das Ohr für neue Arten von Harmonie zu öffnen. Die Kunst kann hier zum Übungsfeld werden, ambivalente und letztlich unverfügbare Erfahrungen zuzulassen. Sie hat ihren kulturellen Rahmen, aber auch ihr individuelles Transformationspotenzial und kann deshalb das Gewordene mit der Spontaneität des kreativen Aktes verbinden.

Die technischen Tools der Digitalisierung konditionieren mit binär programmierten Algorithmen, binär strukturierte Denkoperationen und Entscheidungsvorgänge, wenn nicht innerlich aktive Menschen das Dazwischen behaupten

Zwischentöne erklingen nicht als Kompromiss. Sie können eine Möglichkeit darstellen, durch welche Personen ihre Eigenheit als Eigentlichkeit hervorbringen.

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Ähm: .angelinaperke./photocase.com
Sprechblasen: © Birgit Weyhe & avant-verlag, 2022