Seminare + Trainings

Hier ein Überblick über das Angebot an Seminaren und Trainings.


Jede*r Teilnehmende belegt auf dem Symposion ein Seminar und ein Training.
Wie die Einwahl in die Kurse funktioniert, dazu erhalten alle Teilnehmenden nach erfolgreicher Anmeldung eine E-Mail.

Seminare:


S1 „Näher werde ich nicht kommen können“. Eine literarisch-biographische Spurensuche
Barbara Walther
„Heimat - Ein deutsches Familienalbum“ (englisch: „Belonging“) - so betitelte die in New York lebende, deutsch-amerikanische Illustratorin und Autorin Nora Krug (*1977) ihre Suche nach der eigenen deutschen Familiengeschichte, die sie zurück in die Nazizeit führt. Stimmen die familiären Erzählungen? Was wird verschwiegen? Was will nicht gehört, nicht gesehen werden? In einer subtil verflochtenen und klug strukturierten Form zwischen Graphic Novel, handgeschriebenen autofiktionalen Erzählungen, collagierten historischen Fotografien und kommentierten Dokumenten legt sie den Weg ihrer künstlerischen Anverwandlung offen, forschend, zweifelnd. „Wie kann man begreifen, wer man ist, wenn man nicht weiß, woher man kommt?“, fragt sie sich zu Beginn der Recherche. Am Ende heißt es: „Näher werde ich nicht kommen können.“ Sie schafft damit eine ganz neue Gestalt von Literatur, die uns als Leser*innen auffordert, zwischen den Zeilen zu lesen, Leerstellen zu füllen, die Erkundung selbst mit nachzuvollziehen. Dieses Buch untergräbt unsere Lesegewohnheiten. Handelt es sich um einen erfahrungsbedingten, womöglich auch spezifisch weiblichen Blick, dem wir hier literarisch begegnen? Wie bereichert und verändert ihr Schreiben, ihre Sicht, ihre Offenheit der Selbst- und Weltbefragung unseren Blick auf die eigene Herkunft und Identität? In der Auseinandersetzung mit ausgewählten Auszügen aus dem Buch wollen wir diesen und weiteren Fragen, die sich im Gespräch ergeben, nachgehen.
Zur Vorbereitung bitte auf der Website von Nora Krug (https://nora-krug.com/belonging-heimat) vorab das Interview (auf Englisch) mit Nora Krug anschauen, es vermittelt einen guten Einblick in das Entstehen des Buchs. Ein weiteres Video zeigt ihr künstlerisches Arbeiten.

S2 Zwischentöne in der globalen Erinnerungskultur
Béla Sammet/Martin Mühl
Angeheizt durch Debatten um den Nahostkonflikt und die zunehmende Sensibilisierung für rassistische und koloniale Kontinuitäten in westlichen Gesellschaften, tobt seit einigen Jahren ein leidenschaftlich geführter, neuer Historikerstreit in den deutschsprachigen Feuilletons, in dem das Verhältnis von Nationalsozialismus und Kolonialismus neu verhandelt wird. Viele in der Tradition der Postkolonialen Theorie verortete Historiker*innen argumentieren, dass die Betonung der Singularität der Shoah die Erinnerung und Aufarbeitung von Kolonialverbrechen behindert und versuchen den Holocaust mit kolonialen Genoziden ins Verhältnis zu setzen. Andere Historiker*innen sehen darin eine Relativierung der Shoah und die Entstehung einer unangemessenen Opferkonkurrenz.
In der Vehemenz, mit der diese Debatte geführt wird und nicht an Rassismus bzw. Antisemitismusvorwürfen gespart wird, gehen Zwischentöne und versöhnliche Ansätze oft unter. Diesen Zwischentönen wollen wir im Rahmen des Seminars anhand von Textauszügen nachgehen und reflektieren, wie eine Erinnerungskultur gelebt werden kann, in der das Gedenken an Menschheitsverbrechen nicht gegeneinander ausgespielt wird und wie verschiedene Leiderfahrungen auf empathische Weise in den gesellschaftlichen Fokus gerückt werden können.
Schön wäre es, wenn die Kursteilnehmer*innen sich vor Beginn des Kasseler Jugendsymposions mit dem Neuen Historikerstreit auseinandergesetzt hätten. Dies ist jedoch keine verpflichtende Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Kurs.
Textgrundlage in Auszügen:
Natan Sznaider: Fluchtpunkte der Erinnerung. Über die Gegenwart von Holocaust und Kolonialismus (2022)
Charlotte Wiedemann: Den Schmerz der Anderen begreifen. Holocaust und Weltgedächtnis (2022)

S3 Zwischentöne und die Wirklichkeit des Immateriellen
Peter Lutzker
Wir sind es gewöhnt, dass die Welt auf den ersten Blick nur aus dem besteht, was wir unmittelbar mit unseren Sinnen wahrnehmen. Gleichwohl wissen wir, dass umfassende Kräfte auf der Erde, z.B. die Schwerkraft, der Magnetismus, die Wachstumskräfte in Pflanzen, Tieren und Menschen, für unsere Sinne gar nicht wahrnehmbar sind. Auch wenn wir den Blick auf Menschen richten, sind die Sprache und die Gedanken als solche nicht materiell wahrnehmbar; was wir physiologisch und neurologisch verarbeiten, wenn wir jemanden verstehen, sind zum Beispiel reine Hörwellen, speech sounds und nicht deren Bedeutungen. Auch die Gefühle die sich in und zwischen Menschen abspielen und die Willenskräfte die die Quellen unseren Handlungen sind, sind als solche nicht sinnlich wahrnehmbar, nur ihr Ausdruck und ihre Folgen. In diesem Seminar werden wir die Fragen und Rätsel die sich daraus ergeben aus verschiedenen philosophischen, musikalischen und psychologischen Blickwinkeln betrachten.

S4 Die Kunst der Begegnung
Gina Witzig, Josef Stiegler
Was ist Begegnung? Was entsteht zwischen uns, wenn wir einen anderen Menschen verstehen? Ist es dasselbe Verstehen wie bei der Begegnung mit Tieren, Pflanzen oder Dingen? Wie können wir überhaupt das noch völlig Neue, das ganz Andere erkennen? Und welche Fähigkeiten braucht es dazu? Gemeinsam mit den Philosophen Martin Buber und Heinrich Barth wollen wir diesen Fragen nachgehen und mit künstlerischen Mitteln weiter erforschen.
Wer gut transportierbare Materialien zum künstlerischen Arbeiten hat (z.B. Farbstifte, Aquarellfarben, Pastellkreide), ist eingeladen, sie zum gemeinschaftlichen Gebrauch mitzubringen.

 

Trainings:


T1 Im Zwischenraum - Übungen zur Präsenz
Barbara Walther
Die Fähigkeit zur Präsenz, also zur fokussierten Wachheit, ist eine wichtige Voraussetzung, sich in eine bewusste und gleichzeitig entspannte Beziehung zu sich selbst, zu anderen Menschen und zur umgebenden Welt zu stellen. Dies wollen wir in diesem Kurs erforschen - in der Selbstbegegnung, in Partner- und Gruppenübungen und draußen in der Natur.

T2 Philosophisches Argumentationstraining
Béla Sammet/Martin Mühl
Was ist ein Argument? Wie muss ein Argument aufgebaut sein, damit es gültig und schlüssig ist und wie können wir argumentative Fehlschlüsse erkennen? Diese Fragen möchten wir, mit Hilfe der Grundlagen der formalen Logik, gemeinsam mit euch theoretisch und praktisch beantworten. Im ersten Teil dieses Trainings werden wir euch die Grundlagen des philosophischen Argumentierens vorstellen. Im zweiten Teil werden wir gemeinsam die erlernten „Werkzeuge“ anwenden und Fallbeispiele besprechen.

T3 Poetry in Performance: Discovering What Lies ‘Between’ the Lines
Peter Lutzker
In this workshop we will creatively and actively explore English poems connected to the theme of this symposium through the medium of performance. Working in small groups, our aim will be to deepen our own experience and understanding of a poem. The level of participants' English is unimportant. What matters is an interest in taking poetry 'off the page' and a willingness to enter into the process of transforming it into an artistic performance.

T4 Schauspieltraining
Leonie Wild
Ich lade euch zu einem Schauspieltraining ein, in dem wir uns körperlich und geistig auspowern; wo wir Schauspielübungen machen, die Klarheit, Wachheit und Aufmerksamkeit schulen. Ich werde euch Übungen zeigen, die an sich schon Spaß machen aber auch eine gute Vorbereitung sind, sich Figuren oder Situationen spielerisch zu nähern. Wir werden uns spielerisch in Situationen und Figuren begeben (durch Improvisation, vielleicht auch mit einem kleinen Text), wir werden auch mal fett ins Klischee gehen und merken wie viel Klischee oft in uns allen steckt. Das tolle am Spielen ist ja, dass wenn wir erst einmal die Haltung eines anderen Menschen eingenommen und uns erspielt haben, eröffnet dies Perspektiven und es wird schwer unser beliebtes Schubladendenken oder Schwarz-Weiß-Denken anzuwenden. Ihr braucht keine Vorerfahrungen mitbringen, Interesse reicht total aus!

T5 Arabischkurs
Mohamed Sultan
Dieser Kurs bietet: Eine Beschäftigung mit dem arabischen Alphabet, den arabischen Zahlen (0-10) und wie man sich auf Arabisch vorstellt. Einen Überblick zu: Arabisch und Religion, Arabisch als Weltsprache, Hocharabisch und Umgangssprachen und arabische Literatur. Außerdem wollen wir einen Steckbrief erstellen. Hierfür bitte ein persönliches Foto mitbringen.

T6  Zwischentöne von Freund*innenschaft und romantischer Liebe
Paula Gärtner/Nathan Otto
Wir möchten uns das Verhältnis von Freund*innenschaften und romantischer Liebe anschauen: Häufig werden diese Konzepte als einander gegenübergestellt betrachtet oder in Abgrenzung voneinander definiert. Damit verbunden sind jeweils spezifische Verhaltenserwartungen, die uns sozial vermittelt wurden, aber nicht unbedingt den eigenen Bedürfnissen oder Erlebnissen entsprechen, und es kann der Eindruck entstehen, dass Freund*innenschaft etwas kategorial anderes als romantische Liebe sei. Wir möchten untersuchen, inwiefern sich unsere persönlichen Erfahrungen mit dieser Sichtweise decken und auch andere Perspektiven auf das Verhältnis von Freund*innenschaft und romantischer Liebe ausprobieren. Dabei wollen wir unter anderem mit Visualisierungen und Imaginationsübungen arbeiten. Uns wird nicht zuletzt beschäftigen, welchen Herausforderungen Freund*innenschaften und romantische Liebe in der (Post-)Moderne begegnen, mit welchen Bedeutungen sie aufgeladen werden und welche wir ihnen zukommen lassen wollen.
Unser Zugang zu dem Thema wird primär das Gespräch sein, dabei werden wir persönliche Erfahrungen und theoretische Hintergründe gleichermaßen miteinbeziehen. Bringt euch gerne etwas zum Schreiben mit.

 

Dozierende


Barbara Walther
Jahrgang 1960, Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Pädagogik in Bonn und Göttingen, verheiratet, 2 erwachsene Söhne und seit 1993 Oberstufenlehrerin für Deutsch und Kunstbetrachtung an der Freien Waldorfschule Hannover-Bothfeld.

Béla Sammet
Von 2018 bis 2022 habe ich die Fächer Philosophie und Geschichte an den Universitäten Freie Universität Berlin, Humboldt Universität zu Berlin und Panteion Universität (Athen) studiert. Aktuell arbeite ich bei der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften im Projekt „Neuedition, Revision und Abschluss der Werke Immanuel Kants“. Ich bin 24 Jahre alt.

Martin Mühl
Ich bin 26 Jahre alt und habe 2016 an der Freien Waldorfschule Kassel Abitur gemacht und als Schüler bereits an den Kasseler Jugendsymposien teilgenommen. Seit dem Wintersemester 2017/18 studiere ich Philosophie und Europäische Ethnologie an der Humboldt Universität zu Berlin. Im Herbst 2021 habe ich für die NGO PowerShift an einer Ex-Post Evaluation des EU-Kolumbien-Peru-Ecuador Freihandelsabkommens mitgearbeitet..

Peter Lutzker
Prof. Dr. Peter Lutzker war von 1986-2011 Lehrer für Englisch und Musik an Waldorfschulen, zuerst in Frankfurt/Main, anschließend in Düsseldorf. Seit 1991 Dozent in der Aus- und Fortbildung von Fremdsprachenlehrer*innen. Seit 2010 Professor an der Freien Hochschule in Stuttgart.

Leonie Wild
Ich studiere Schauspiel an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch im dritten Jahr. Ich habe zuvor eine zweijährige Schauspielausbildung am Michael Tschechow Studio in Berlin besucht, wo neben den grundsätzlichen Schauspieltechniken vor allem die Tschechow Technik gelehrt wird. Eine Methode, die Schauspieler*innen durch Körperlichkeit und Phantasie zum Spielen anregt. Außerdem habe ich mit Jugendlichen diverse Stücke erarbeitet; sowohl ein Klassenspiel, wie auch außerhalb der Waldorfschule Theaterworkshops gegeben. 2016/17 war ich im Rahmen meines FSJ Kultur am Staatsschauspiel Dresden unter anderem als Regieassistentin und Workshopleiterin engagiert. Ich bin selber Waldorfschülerin und habe 2016 mein Abitur an der Waldorfschule Lüneburg gemacht.

Gina Witzig und Josef Stiegler
Gina Witzig und Josef Stiegler haben zwischen 2019 und 2022 gemeinsam mit anderen jungen Menschen den Studiengang „Philosophie und Gesellschaftsgestaltung“ aufgebaut und studiert. Die offene und gemeinschaftliche Art, mit philosophischen Texten umzugehen, hat sie beide sehr bereichert. Seitdem studiert Gina Kunsttherapie in Ottersberg bei Bremen und Josef Philosophie und Sozialwissenschaften in Oldenburg.

Nathan Otto
Nathan ist 28 und derzeit dabei, den Master „Ökonomie – Nachhaltigkeit – Gesellschaftsgestaltung“ an der Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung abzuschließen. Im Bachelor hat er Soziologie und VWL studiert und engagiert sich seit 2012 in der außerschulischen Bildungsarbeit zu gesellschaftlichen Themen im OberlinImpuls e.V..

Paula Gärtner
Paula ist 24 und studiert Psychologie im Bachelor an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Sie interessiert sich für kritische und feministische Perspektiven auf Psychologie und Psychotherapie und ist seit 2020 ehrenamtlich im Mietshäuser Syndikat tätig. So wie Nathan Otto ist sie ehemalige Teilnehmende der Kasseler Jugendsymposien.

Mohamed Sultan
Ich arbeite seit 2021 als Lehrer für Geschichte und Informatik an der Freien Waldorfschule in Görlitz. Meine Muttersprache ist Arabisch und ich habe langjährige Erfahrung im Unterrichten von Fremdsprachen, einschließlich Arabisch für Deutschsprachige. Ich freue mich sehr, dass der Arabischkurs, den ich bei den letzten beiden Kasseler Jugendsymposien (25. und 26.) unterrichtet habe, positiv aufgenommen wurde, und ich freue mich darauf, diesen Kurs erneut zu leiten.